… und ganz plötzlich auf einmal ist mir gerade so klar wie noch nie, dass es an mir liegt, wie ich mit Situationen umgehe: ich kann das Schöne in den Vordergrund stellen oder das Schlechte. ich kann mich freuen oder ärgern. Ich kann mich stärken oder schwächen. Ich will die Schönheit sehen, ich will mich über Erfolge freuen, ich will das Leben (intensiv) genießen und ich halte den Schlüssel dazu in MEINER Hand.

Ich kann Türen aufschließen und durchschauen und einfach nur genießen, was ich dort sehe – ohne hindurchzugehen, ohne in das Geschehen einzugreifen und den Moment zu zerstören.

Ich kann durch Türen hindurch gehen und sie hinter mir offen stehen lassen, dass es noch einen Weg zurück gibt oder dass Leute mir folgen können. Ich kann die Tür, durch die ich gegangen bin auch schließen, um ein Kapitel in meinem Leben abzuschließen oder um Menschen, die nicht mit mir durch diese Tür passen, auszusperren.

Ich kann die Tür anlehnen, wenn ich mir noch nicht sicher bin, was ich von jemandem oder etwas denken oder halten soll – so habe ich beide Optionen offen, bekomme aber trotzdem etwas mit und kann mich noch in die eine oder andere Richtung entscheiden.

Ich kann auch eine Tür öffnen, bei der mir der Raum dort hinter nicht gefällt und bevor ich diesen betrete, verschließe ich sie wieder. Ich kann sogar noch Sicherheitsschlösser anbringen, damit das Dunkle des Raumes dort bleibt, wo es ist und die Tür nicht eintritt. Manchmal passiert es jedoch trotzdem, dass Türen eingetreten werden, die ich verschlossen halten wollte und es (in) mich (hinein) stürmt – auch ohne Durchsuchungsbeschluss. Es kostet dann Kraft und Energie, die ungebetenen Gäste wieder loszuwerden und noch mehr Kraft und Energie das Türensicherheitssystem zu optimieren, aber eines ist sicher: Ich werde alles versuchen, um sie zurück durch diese Tür zu bekommen, die Gäste. Ich werde Sie bitten zu gehen, unhöflich zu ihnen sein, ihnen nichts zu essen und zu trinken anbieten … und ich werde ihre Tür so lange offen halten, bis sie wieder dahinter verschwunden sind, um sie dann mit einem lauten Knall ins Schloss fallen zu lassen. BÄM!

Und überhaupt: ich kann Türen zuknallen, dass das Haus bebt oder ich schließe sie ganz, ganz leise, so dass kaum jemand etwas davon mitbekommt.

Ich kann Türen öffnen, ganz ganz weit … oder nur einen Spalt.

Ich kann sie sogar mit der Sicherungskette öffnen, um diesem Spalt einen Rahmen vorzugeben und zu verhindern, dass es immer mehr Raum einnimmt, bis die Tür schließlich ganz offen ist. Auch wenn etwas oder jemand dagegen drückt oder rennt, gelingt es nicht, in den Raum vorzudringen, MEINEN Raum.

Manchmal, manchmal lasse ich Türen offen, so kann ein- und ausgehen, was will.

Manchmal schließe ich ab. So muss klopfen und auf Einlass warten, was will … und ich bin gewarnt.

Manchmal möchte ich das hinter der Tür so sehr, dass ich die Tür aus den Angeln hebe … um meinen Raum zu vergrößern.

Manche Türen führen nach drinnen, manche nach draußen. Manchmal liegt hinter mehreren Innentüren wieder eine Außentür.

Türen…

Türen…

So viele Türen: kleine Türen – große Türen, dünne Türen – dicke Türen, schwere Türen – leichte Türen, dunkle Türen – helle Türen, Holztüren – Glastüren, Türen, die nach innen aufgehen – Türen, die nach außen aufgehen, Türen, die klemmen – Türen, die nicht richtig schließen. ICH entscheide, welche ich öffne und durch welche ich gehe und welche ich lieber schließe oder geschlossen halte.

Aber EINES ist sicher: es ist ziemlich unbefriedigend immer nur durchs Schlüsselloch zu schauen!

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Frohe Weihnachten!

In Hamburg ist das übliche Schmuddelwetter. Es ist gar nicht mal so kalt. Die Temperaturen liegen über Null, aber es regnet. Es ist windig, nebelig und feucht und es kommt einem so vor, als sei es den ganzen Tag und die ganze Nacht nur dunkel. Alles ist grau in grau und die Menschen scheinen ihr Zeitgefühl langsam zu verlieren.

Der Wind bläst die Nässe den Leuten unter die Kleidung und hinterlässt einen Schauder auf ihrer Haut. Der Mann zittert und zieht sich seinen dunkelblauen, abgenutzten Mantel enger um den Körper. Es fehlen ein paar Knöpfe und so verschränkt der Mann die Arme um seinem Rumpf, neigt sich gegen den Wind und bahnt sich seinen Weg durch die Fußgängerzone. „Heute Morgen haben die Kinder und die Erwachsenen, die nie richtig erwachsen wurden, normalerweise die 13. Tür ihres Adventskalenders geöffnet. Am Wochenende wird die zweite Kerze auf dem Adventskranz angezündet“, geht es dem Mann durch den Kopf. „Und gerade zu dieser geruhsamen Zeit sind alle im Stress: Stress alle Geschenke zu besorgen. Stress auf der Arbeit – egal ob die Leute im Einzelhandel oder in der Industrie arbeiten, wo die Ware unbedingt dieses Jahr noch raus muss. Stress in den völlig überfüllten Fußgängerzonen. Stress und Gedrängel auf den Weihnachtsmärkten. Die Menschen wirken abgespannt, die Gesichter sind gehetzt, die Stimmung ist gereizt. Wann hat Weihnachten nur aufgehört besinnlich zu sein? Und wann haben die Menschen aufgehört, diese vorweihnachtliche Zeit zu genießen, Plätzchen mit ihren Kindern zu backen, Fensterbilder zu basteln, abends am Kaminfeuer zusammen zu sitzen und alte Fotos anzuschauen?“ In Gedanken versunken steuert der Mann auf seine Stammkneipe zu, wo er sich jeden Freitag ein einziges Bier gönnt, frisch gezapft. Diesen kleinen Luxus, dieses kleine Bisschen Genuss kann und möchte er sich nicht versagen, auch wenn das Geld mal wieder knapp ist.

Er nickt der Kellnerin zu und setzt sich auf seinen Stammplatz am Fenster, von wo aus er die Leute beobachten kann. Unaufgefordert kommt die Kellnerin an seinen Tisch und serviert ihm ein großes Bier. „Hallo Richard. Alles in Ordnung bei dir?“ „Ja, danke. Alles wie immer.“ „Na dann, lass es dir schmecken“, sagt die Kellnerin und wendet sich ab. Sie geht zurück hinter ihren Tresen, wo sie weiter die Gläser poliert um sie dann kurz danach unter die Lampe zu halten und auf ihren Glanz zu überprüfen. Zufrieden stellt sie sie ins Regal.

Der Mann nippt an seinem Glas und schaut aus dem Fenster in das bunte Treiben der Menschen, die aneinander vorbeidrängen, sich anrempeln, sich vorwärtsschieben ohne sich  zu beachten, ohne in die Gesichter der Anderen zu sehen.

Er ist so in die Szene vertieft, dass er kaum mitbekommt wie drei junge Männer in schwarzen Anzügen die Kneipe betreten. Sie nehmen am Tresen Platz und geben ihre Bestellung auf. Mit jedem Bier werden die drei jungen Männer lauter und Richard kann kaum vermeiden, die Gespräche mit an zuhören: „Und, hast du schon alle Geschenke zusammen?“, fragt der Eine. „Ja, meine Frau bekommt eine Perlenkette und meine Tochter ein I-Phone, einen Schminkkasten und eine neue Spielekonsole“, antwortet der Andere: „Und habt ihr schon alles zusammen?“ „Ja, meine Frau bekommt eine Reise auf die Malediven.“ „Oh schön, eine gute Idee, aber ich habe erst zum Geburtstag eine Reise geschenkt und Tim, wie sieht es bei dir aus?“ „Meine Frau bekommt einen Haushaltsroboter und die Kinder bekommen ganz viel Spielzeug.“

„Und welche Organisation habt ihr dieses Jahr unterstützt?“ „Ich habe Amnesty International eine größere Summe zukommen lassen?“ Der kleinste Mann sagt: „Ich habe das Geld einem Radiosender gespendet, die in Lübeck eine Angehörigenwohnung kaufen und einrichten wollen und was ist mit dir?“ „Greenpeace, wie immer!“ Plötzlich hörte Richard ein Kichern aus der Ecke des Tresens und spürt kurz danach, wie ihm jemand kräftig auf die Schulter klopft: „Und mein Freund … für wen hast du dieses Jahr gespendet?“ Die anderen zwei jungen Männer brechen in schallendes Gelächter und Johlen aus.

Richard blickt beschämt auf seinen abgenutzten Mantel ohne Knöpfe, auf seine zerschlissene Hose und die abgelaufenen Schuhe mit der aufklaffenden Sohle. Der Mann geht zurück zu seinen Freunden und kurz darauf ertönt erneutes Gegröle und kreischendes Gelächter.

Richard steht auf, geht zu den Männern und sagt: „Wissen Sie… Ich habe nicht viel Geld. Ich lebe seit Jahren von Sozialhilfe…“ Die Männer prusten und halten sich die Bäuche. „… aber ich habe im letzen Jahr und den Jahren davor

– Der alten Frau aus dem dritten Stock Aufmerksamkeit geschenkt und ihr die Einkäufe hinauf getragen.

– Ich habe der weinenden jungen Frau, die sich zu mir auf die Bank setzte, Trost gespendet und sie gefragt, was sie bedrückt.

– Ich habe dem Kind, dessen Eltern sich gerade stritten, ein aufmunterndes Lächeln geschenkt.

– Ich habe dem Straßenmusiker, der so wundervoll auf seiner Geige spielt, Beifall gespendet.

– Ich habe dem Trinker, der sein altes Leben zurück will und mir schwört, jetzt endlich mit dem Saufen aufzuhören und mir versichert, dass er es schaffen kann, ein offenes Ohr und Glauben geschenkt.

Und jetzt stehe ich hier vor drei Fremden, die sich über mich lustig machen und schenke Ihnen meine Beachtung und meinen Respekt. Frohe Weihnachten!“

Der alte Mann dreht sich um, legt das Geld für sein Bier auf den Tisch, öffnet die Tür und geht nach draußen. Die vorbeieilenden Menschenmassen saugen ihn auf und der Strom zieht ihn mit.

Veröffentlicht unter 9) Dezember 2013 | Kommentar hinterlassen

Schwerer Fall von Schweinehundequälerei

Wie Sie, liebe Leser, sicher schon von unserem Liveticker erfahren haben, wurde am Wochenende ein schwerer Fall von Schweinehundequälerei bekannt. Erst jetzt sind die genaueren Umstände der Tat ans Licht gekommen. Zeit2write berichtet:

Das Drama ereignete sich am Samstagmorgen in einem kleinen Dorf in Norddeutschland. Untersuchungen haben ergeben, dass der Schweinehund unsanft aus seinen genüsslichen kunterbunten Löffeleier-Sofafaulenz-Träumen gerissen wurde, in dem sein Frauchen ihm die Biberdaunendecke mit Teddyfleece, die noch die Schokoladenflecken der letzten Sünden trug, wegzog und ihm dann einen brutalen Tritt in sein ruhendes Schweinehundegesäß verpasste. Das arme Wesen wusste wohl gar nicht, wie ihm geschah. Ehe er sich versah, war er schon mit einem Maulkorb,  Halsband und Leine ausgestattet und musste sein Frauchen beim Joggen begleiten: 10 km und das bei dem ekelhaften Nieselwetter, das den Gesundheitszustand, sowie die Frisur des Schweinehundes auf Äußerste gefährdete. Der Schweinehund gab sein Bestes mit seinem Frauchen mitzuhalten. Die hängte jedoch hemmungslos Kilometer für Kilometer daran und ignorierte den Beinahe-Zusammenbruch ihres vierpfotenklauigen Freundes gekonnt.

Kaum waren die beiden  zu Hause angekommen und hatten für ein kleines Frühstück auf dem Sofa Platz genommen, zerrte besagter Mensch den Schweinhund wieder hoch, drückte ihm Staubwedel und Lappen in die Hand und verdonnerte ihn zur Zwangsarbeit. Der Wohnzimmerputz stand an und Schweinehund Günther sollte assistieren. Pausenlos trieb das Frauchen ihn an, scheuchte ihn die Leiter hoch und wieder hinunter, verbannte ihn vom Sofa, wenn Günther kurz verschnaufen wollte.

Danach ging es direkt wieder hinaus zum Pferd – und das bei dem Wetter. Der arme Günther hatte noch nicht mal Zeit seine beim Laufen ruinierte Frisur zu richten und sein Immunsystem war durch den arbeitsreichen Vormittag gefährlich geschwächt. Nach drei Stunden Unterkühlung und völliger Durchnässung trat das Frauchen auf dem Fahrrad den Rückweg an. Ihr Schweinehund zitterte und konnte sich kaum noch auf den Pfotenklauen halten. Mehrere Zeugen berichten, sie hätten das Frauchen kräftig in die Pedalen treten sehen, den völlig erschöpften Schweinehund hinter sich her schleifend.

Zurück zu Hause steuerte Günther Berichten zu Folge direkt auf die Tiefkühltruhe mit der Pizza zu. Angeblich packte sein Frauchen ihn jedoch im Nacken, zerrte ihn ins Haus und zwang ihn zum Kochen. Es gab Gemüse. Aus purer Verzweiflung habe der Schweinehund sich Bissen für Bissen hinunter gequält und sich so eine schwere Vergiftung zugezogen. Kurz vor dem Zusammenbruch schleppte sich das ausgezerrte Wesen vor die Tür, wo es von Passanten aufgefunden wurde.

Der Schweinehund soll bei seiner Rettung völlig vernachlässigt, vereinsamt und ausgemergelt gewesen sein. Das Wesen wurde der Schweinehundenothilfe e.V. übergeben, wo er derzeit von Experten betreut wird. Ärzte diagnostizierten einen schweren Fall von Schweinehunde-Burnout. Nach Aussage des Vereines hat sich sein Zustand seit dem Wochenende deutlich verbessert und er bekäme jetzt eine Therapie, die ihm über die Erlebnisse hinweghelfen soll, sowie Schulungen über die neuesten Sabotageerfolge auf dem Gebiet der Schweinehundewissenschaften.

Die Ermittlungen gegen das Frauchen sind bereits abgeschlossen. Sie erhielt eine Anzeige wegen Schweinehundequälerei und untersteht derzeit der Aufsicht der Schweinehundenothilfe e.V.. Dort wird sie über die artgerechte Schweinehundehaltung sowie den Umgang mit diesen Wesen geschult. In wenigen Tagen wird sie sich wieder mit ihrem Schweinehund vereinen, der ihr in seiner alten Stärke entgegentritt und ihr Leben mit Schokokeksen, Fernsehabenden auf dem Sofa und Sportkursschwänzen bereichern wird.  Die gerechte Strafe lässt sicher nicht lange auf sich warten…

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Mythos Mensch: Kapitel 8 „Von Männern und Erkältungen…“

Es ist Montagmorgen, 8 Uhr. Einigermaßen wach betrete ich das Büro: „Guten Morgen“. Ich bin auf jeden Fall wach genug, um den gequälten Gesichtsausdruck meines Kollegen Jens wahrzunehmen, der bestimmt auch meiner Kollegin Ingrid nicht entgangen ist. Sie erwidert meinen Gruß angemessen gut gelaunt für einen Montagmorgen. Aus der Ecke von Jens ertönt ein Husten, dann zwischen einigen Röchlern eine nasale Begrüßung. Ingrid und ich schauen uns an und tauschen einen wissenden Blick aus: alles klar!!!

Als ich Jens mitfühlend frage, ob er krank sei, erklingt ein leidendes „Ja“ aus seinem Mund. Er hört sich wirklich schlimm an, der arme Kerl. Damit wir seinen äußerst kritischen Zustand nicht vergessen, hustet und niest er heute Morgen sehr viel. Es wird dringend Zeit für ein bisschen Mitleid und ein wenig büroliche Pflege. Ich bin als Erste an der Reihe und versuche ihn mit einem Apfel aufzumuntern, den ich ihm viertele und das Kerngehäuse herausschneide. Dankbar greift Jens nach den ihm dargereichten Vitaminhappen und verschlingt ihn in wenigen Bissen. Ok, er isst noch – ein wichtiges Indiz, um seinen Gesundheitszustand genauer zu beurteilen.

Ein bisschen später am Morgen taucht eine weitere Kollegin auf. Unser Team ist jetzt komplett. Sie braucht nur wenige Minuten um eine (ich spare mir das „tot“)sichere Diagnose zu stellen. Bei Jens Erkrankung handelt es sich keineswegs um eine einfache Erkältung, wie Ingrid und ich zunächst annahmen, oder einen harmlosen Schnupfen. Es ist der „Todesschnupfen_Der“. Deshalb also! Ingrid und ich haben seinen Zustand unterschätzt und wir überlegen einen Moment, ob es nicht besser sei, das Büro zu evakuieren – nur zur Sicherheit.

An dem „Todesschnupfen_Der“ erkranken vorzugsweise Homo Sapiens männlichen Geschlechtes. Die Krankheit ähnelt ihren Symptomen nach äußerlich einer harmlosen Erkältung. Der entscheidende Unterschied spielt sich allerdings im Kopf des Betroffen ab. Demnach erleide ER entsetzliche Qualen. ER fühle sich so schlecht, wie wir uns alle zusammen noch niemals gefühlt hätten. ER brauche Mitleid und Fürsorge und bekäme davon grundsätzlich schon einmal viel zu wenig. Die Gefahr dieser Erkrankung wird oft unterschätzt. Schnell fällt der Patient in eine gewisse Lethargie, die es ihm unmöglich macht einfache Arbeiten zu erledigen und am Büroalltag teilzunehmen. An die Bearbeitung komplizierterer Fälle ist in seinem Zustand schon gar nicht zu denken. Die Isolation des Betroffenen ist allerdings nicht zu empfehlen. Das damit einhergehende Selbstmitleid ohne Zuspruch von außen würde den Heilungsprozess stark verlangsamen, wenn nicht gar ganz zum Erliegen bringen.

Andere Homo Sapiens männlichen Geschlechtes  zeigen meist viel Verständnis für den Zustand des Patienten, denn sie alle kennen ihn, den „Todesschnupfen_Der“. Berühmt wie berüchtigt verbreitet er sich von Mann zu Mann mit höchster Ansteckungsgefahr. In den Klagelaut eines Einzelnen stimmen gerne und schnell Weitere ein. Diese Symptomatik nennt man auch das „Wolfsprinzip“: fängt ein Exemplar an zu heulen, dauert es nicht lange bis der Rest des Rudels ebenfalls das Wort ergreift.

Alles in allem ist der „Todesschnupfen_Der“ nicht zu unterschätzen, aber in der heutigen Zeit stehen die Heilungschancen sehr gut und eine baldige vollkommene Genesung tritt in den meisten Fällen nach wenigen Tagen ein. Gute Besserung!

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Mythos Mensch: Kapitel 7 „Ein Sitzplatz für meinen Koffer“

Es ist Dienstagmorgen, der 22.10.2013 – 07:09 Uhr. Tatort Elmshorner Bahnhof: Tag für Tag erfüllen sich hier hunderte von Pendlerschicksalen. Die Leute reihen sich am Bahnsteig auf, warten auf die Einfahrt des Zuges, steigen ein – nur die wenigsten steigen aus. Für die Meisten geht die tägliche Reise, weniger zu ihrem Vergnügen, nach Hamburg zu ihrer Arbeitsstelle.

Als Vera und ich an diesem Morgen den Bahnhof betreten, drängeln sich bereits unzählige Opfer am Bahnsteig und warten auf die Einfahrt des Regionalexpresses von Kiel nach Hamburg. Vera und ich kalkulieren mit einer Mischung aus Erfahrungswerten und Wahrscheinlichkeit, wo heute die Zugtüren genau vor unserer Nase zum Halten kommen könnten und mischen uns nach kurzer Rücküberprüfung der Ergebnisse unter das Volk. Es ist und bleibt jedoch Glückssache. Wir sind zwei von vielen Pendlern, die heute alle auf das große Los hoffen. Das da wäre nicht etwa ein 6er im Lotto, sondern die ideale Position vor einer Tür – sozuagen die Pole Position im Kampf um einen Sitzplatz. Im den hinteren Reihen halten sich noch einige Reisende auf, Außenseiter mit keinen ernsthaften Chancen auf das Podium. Sie haben von vorneherein keine Chance im harten Kampf um einen Sitzplatz.

Heute Morgen geht unsere Rechnung nicht auf. Die Tür hält ca. drei Meter rechts von uns, drei Meter zu viel. Mit Fassung blicken wir der Niederlage entgegen und bahnen uns einen Weg in den überfüllten Zug. Wir stellen uns in den Gang, denn dort gibt es zumindest noch die Hoffnung, dass vielleicht ein Mitbewerber vorzeitig ausscheidet – soll heißen: in Pinneberg aussteigt.

Doch dann plötzlich erweckt ein leerer Sitzplatz meine Aufmerksamkeit und ich wundere mich kurz, warum nicht bereits andere Reisende dort Platz genommen haben. Sollte er verunreinigt sein? Schnell schiebe ich den Gedanken beiseite und eile mit großen Schritten auf mein Ziel zu. Vera folgt mir unauffällig. Einige Sekunden später kenne ich den Grund, warum sich hier noch niemand niedergelassen hat, denn dort sitzt ein großer Koffer. Hat er es denn auch gemütlich? Daneben hockt ein aufstrebender Stern am Managerhimmel, von dem mir eine leichte Brise von „Hugo (zukünftiger) Boss junior“ entgegenweht. Einen Koffer kann man wirklich unnötig auf die dafür vorgesehene Gepäckablage stellen. Das wäre ja gepäckwidrige Haltung, ein schwerer Fall von Kofferquälerei.

In dem Wissen, dass dieser Koffer von seiner Größe her weder nach oben in die Gepäckablage noch unter den Sitz passt und der junge Stern am Managerhimmel keine Chance mehr hat, sich durch den Stau der Pendler zu kämpfen, um den Koffer in die dafür vorgesehene Gepäckablage umzulagern, hebe ich leicht meine Stimme und sage zu Vera: „Guck mal Vera, da hat jemand wieder einen zweiten Sitzplatz für seinen Koffer bezahlt“.

Erfahrungen in der Vergangenheit haben mir gezeigt, dass das viel mehr Spaß macht, als den jungen Stern am Managerhimmel direkt auf sein Fehlverhalten anzusprechen. Denn es kam, wie es kommen musste. Andere stehende Pendleropfer werden auf den Vorfall aufmerksam und richten ihren Blick auf den Übeltäter. Dieser verdreht kurz seine Augen ohne jedoch den Kopf zu heben, stellt fest, dass er gemeint ist und schon leuchtet unser junge Stern am Managerhimmel wie es junge Sterne nun einmal so tun. Es ist dieses strahlende Leuchten, dass mir zeigt, dass er mich sehr wohl verstanden hat. Schnell verlagert er jedoch den Blick zurück auf seine Zeitschrift und vertieft sich für den Rest der Reise in den spannenden Artikel über die Entwicklung eines Investmentfonds. Schweigend tauschen die umherstehenden Pendleropfer Blickkontakte aus.

„Willkommen im Regionnalexpress nach Hamburg-Hauptbahnhof. Dieser Zug hält in Pinneberg, Hamburg-Dammtor und Hamburg-Hauptbahnhof. Wir wünschen Ihnen eine gute Reise und einen angenehmen Tag“

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Snowdogs – Auf einer Huskyfarm im finnischen Lappland

„Na, Sie machen ja Sachen?“ „Bist du verrückt? Alle Leute wollen im Winter in den Süden, wo es warm ist und was machst du?“ „Haben Sie sich das auch gut überlegt?“ … Reaktionen von Kunden, Kollegen und Freunden als ich die „Bombe“ habe platzen lassen und ihnen von meinem Vorhaben erzählte: „Ich gehe für drei Monate als Helferin auf eine Huskyfarm nach finnisch Lappland.“Doch wie kam es dazu?

Schon lange, viel zu lange, sehne ich mich nach einer Auszeit. Ich muss raus: raus aus dem Büro, raus aus dem tristen Alltagstrott, raus aus meiner bequem eingerichteten Komfortzone. Da ist eine tiefe Sehnsucht in meinem Herzen, die mehr und mehr wächst, doch ich kann sie nicht greifen, nicht identifizieren, nicht erfassen. Sie ist da, sie beschäftigt mich und manchmal, manchmal quält sie mich auch. Mich zermürbt, dass ich nicht sagen kann, was genau ich eigentlich suche.

Eine Weltreise? Nein, denn viele Teile der Welt interessieren mich gar nicht. Work and Travel? Klingt recht nett, aber so richtig motiviert bin ich auch nicht. Es fühlt sich nicht an, als könnte es diese Lücke schließen, dieses Loch stopfen, was immer mehr aufreißt. Fest steht: Ich möchte weg, etwas Anderes machen, etwas ganz Neues kennen lernen, mich weiter entwickeln, mehr erfahren von Dingen, von denen ich bislang keine Ahnung habe – und: ich möchte unbedingt mit Tieren arbeiten, am liebsten mit Hunden oder Pferden.

Ich suche lange ohne richtig zu finden, was ich suche. Ich glaube, ich weiß gar nicht, wonach ich suche. Einiges klingt ja ganz nett, aber es berührt mich nicht und der Elan ist nach wenigen Stunden verflogen.  Ich weiß viel zu sehr, was ich nicht will, statt was ich gerne möchte und es gibt Tage, da zerreißt es mich fast, weil ich mich auch über mich selber Ärger. Die Welt ist voller Möglichkeiten. Warum tue ich mich da so schwer?

Eines Tages begebe ich mich auf die Suche nach einer Huskyfarm bei der wir eine Tagestour mit Schlittenhunden in unserem Urlaub buchen können. Wir wollen uns einen Traum erfüllen und haben drei Wochen eine Blockhütte in Finnisch Lappland gebucht. Ich finde keine Farm und den Urlaub müssen wir einige Wochen später wegen Krankheit absagen, aber ich finde etwas anderes: einen Bericht in einem Internetforum von einer freiwilligen Helferin auf einer Huskyfarm. Ich verschlinge diese  Zeilen und tief in meinem Inneren regt sich wieder diese Sehnsucht. Ich spüre von einem Moment auf den anderen, dass ich gefunden habe, was ich so lange suchte. Noch am selben Abend erzähle ich meinen Eltern davon und bekam „grünes Licht“ für die Versorgung von meinem Pony und meinen Katzen. Das Thema ist ihnen auch nicht gerade neu. Vielleicht atmen sie innerlich sogar auf, weil ich endlich einen Plan habe.  Ich verbringe die halbe Nacht damit, eine Internetplattform zu durchstöbern und Farmen in Schweden und Finnland anzuschreiben. Das sind meine Favouritenländer. So könnte ich gleich mehrere „Fliegen mit einer Klappe schlagen“: ich verbringe Zeit an einem der für mich schönsten Orte, die ich kenne, ich bin draußen und arbeite mit Hunden: Volltreffer!

Zwei Wochen später bekomme ich eine Antwort aus Finnisch Lappland, dass dort Helfer gesucht werden und ich eine Bewerbung schicken solle. Wieder wenige Wochen später hatte ich die Zusage – und dass, obwohl es in diesem Internetforum hieß, dass man an solche Stellen unendlich schwer herankommt. Ich boxe in meiner Firma den unbezahlten Urlaub durch, schließe Verträge mit Krankenversicherung und Auslandskrankenversicherung und am 16.11. hat das Warten denn endlich ein Ende.

Der Flieger landet um 13 Uhr im verschneiten Kittilä. Ich werde vom Flughafen abgeholt und wir fahren erst einmal einkaufen. Leicht überfordert schiebe ich den Wagen durch die Regale, um dann später festzustellen, was ich alles vergessen habe… Die Aufregung ist in dem Moment einfach zu groß, als dass ich mich groß darauf konzentrieren könnte, was ich in den nächsten Tagen essen möchte. Ich bin so gespannt auf das Camp und auf die Hunde.

Ich kann meine Ungeduld kaum noch zügeln als wir endlich am Ziel ankommen. Die Campchefin zeigt mir das Guidehaus, mein Kühlschrankfach, mein Zimmer usw. Auf die Hunde muss ich noch bis zum nächsten Morgen warten. Dann werde ich schon mal einen Teil der ca. 450 bellenden Vierbeiner kennen lernen. Die Anlage ist in Bereiche eingeteilt, die alle „nordische“ Namen tragen, wie z.B. Yukon, Alaska, Kanada, Lappland usw. In jedem Bereich gibt es ein bis zwei große Freiläufe und dann Einzelzwinger, in denen zwischen 2-4 Hunde zusammen untergebracht sind. Insgesamt leben pro Bereich zwischen 30 und 40 Hunde, die je ein Guide betreut, der dann mit den Gästen auf Tour geht.

Am nächsten Morgen begleite ich eine andere Helferin zu den ca. 60 Oldies. Hier halten sich Hunde auf, die in Rente sind, weil sie z.B. zu alt zum Schlittenziehen sind oder eine Verletzung haben oder weil sie einfach nicht mehr wollen. Diese Hunde werden hier nicht auf Zwang vermittelt oder erschossen, sondern sie verbringen hier ihren Lebensabend. Manchmal allerdings, manchmal nimmt ein Helfer auch so einen Hund zu sich und fährt mit ihm zusammen nach Hause. Jeder einzelne von ihnen ist liebenswert und ich empfinde es stets als etwas Besonderes, bei ihnen eingeteilt zu sein.

Ansonsten variieren die Einsatzbereiche von Tag zu Tag. Mal kratze ich Zwinger von Bereichen, bei denen der Guide auf Tour ist, da meistens immer einige Hunde zurück bleiben. Einen anderen Tag bin ich für das Füttern und Misten der vier Islandponys zuständig. Wieder einen anderen Tag helfe ich der Tierärztin auf der Krankenstation und in der Kinderstube – man weiß nie, was einen am nächsten Tag erwartet und das macht das Ganze auch ein bisschen spannend.
Die Arbeitszeiten sind von 8 bis ca. 17 Uhr. Manchmal auch länger, falls der eine oder andere knurrende Magen noch nicht gefüllt ist… Im Normalfall habe ich nach drei Tagen Arbeit einen Tag frei.  Die Feierabende oder freien Tage nutze ich gerne zum Ausreiten oder ich nehme einen der Oldies mit auf einen Spaziergang durch das Winterwunderland.

Ein echtes Highlight ist es natürlich immer, wenn ich zum Training mit eingeteilt werde und dann 3-4 Std. auf dem Schlitten stehe. Auf einmal wuseln 30-40 Hunde um einen herum. Allen wird ein Geschirr angezogen und dann werden sie entweder direkt aus dem freien Laufen heraus eingespannt oder sie kommen vorher an die Stakeout-Ketten, wo sie warten müssen, bis sie an der Reihe sind. Manchmal ist es nicht möglich alle Hunde frei zusammen laufen zu lassen, weil es sonst zu Raufereien käme, die ernsthafte Verletzungen zur Folge haben könnte.  Die Atmosphäre vor dem Start ist kaum zu beschreiben. Die Hunde sind völlig aufgepuscht. Sie bellen, sie heulen, sie werfen sich wie wild ins Geschirr. Manche fangen an vor Nervosität an der Leine zu beißen, manche springen wild hin und her und verheddern sich in der Leine.  Wir Fahrer sollen immer aufpassen, dass so etwas nicht passiert und die Hunde sonst entwirren oder das Leinebeißen untersagen. Dann geht es endlich los. Die Startleine wird gezogen, der Schneeanker eingeholt und es gibt kein Halten mehr. Wenige Meter später ist alles still und wir tauchen ein in die wunderschöne Winterlandschaft Lapplands.

Veröffentlicht unter 8) Dezember 2012 | Kommentar hinterlassen

Mythos Mensch: Kapitel 6 „Hilfe mit meinen Ponys stimmt ‚was nicht!“

Hilfe mit meinen Ponys stimmt was nicht!

Ich stecke echt in der Zwickmühle. Gerade heutzutage wird ja so viel Wert auf Natural Horsemanship gelegt. Sanfte Kommunikation. Man soll sich durch Körpersprache verständlich machen und das Pferd als Pferd betrachten. Man wird sogar selber ein bisschen Pferd – jedenfalls riecht man nach dem Training wie eines…

Dazu gibt es einen orangen Stock und ein Knotenhalfter. Ich gehe den Trend mit. Kolja trägt ein Knotenhalfter. Das ist ein Anfang. Er sieht dadurch auch gleich natürlicher aus und zufriedener. Und er ist dadurch schon gleich viel besser erzogen, heute hat er sich ohne Probleme aus dem Paddock führen lassen – der Rest geht jetzt wie von selbst, jetzt, wo er erst mal weiß, wer hier der Chef ist. Das ist nämlich immer der, der ihm das Knotenhalfter anzieht, das habe ich ihm heute vorgelesen.

Santano ist auf Trense gezäumt – ich kann ihn sonst einfach nicht halten, ihr versteht schon. Kurz überlege ich, ob mir ein Knotenhalfter weiter helfen könnte. Ich überlege sogar, das wilde Pferd mit vier Zügeln zu reiten, auf Trense und Knotenhalfter oder einfach die Schlaufzügel in das Knotenhalfter einzuschnallen? Ob ich diesen Ausritt überlebe? Außerdem trägt er einen Sattel – wie unnatürlich. Sollte ich ohne Sattel…? Einen kurzen Moment frage ich mich, ob es nicht auch unnatürlich ist, zu reiten. Eigentlich sind Pferde ja nicht dazu gemacht, oder? Bin ich jetzt der freundliche Herdenchef mit Knotenhalfter und Karottenstock oder bin ich das Raubtier auf dem Rücken, dass die Zähne kurz über dem Genick zusammen schlägt? Erwähnte ich schon, dass der Karottenstock unbedingt orange sein muss? Auf pink sind Pferde allergisch. Grüne Stöcke wollen die immer fressen, weil sie es mit Gras verwechseln. Blaue Stöcke sind erst recht ungeeignet, bei denen drehen Pferde sich immer um, weil sie sich ja auch mit dem Hintern dem Regen zu wenden. Und rote Stöcke, niemals, niemals rote Stöcke. Dann werdet ihr angegriffen wie die Stiere hinter dem roten Tuch herrennen. Der Stock muss also wirklich orange sein und das ist so, weil Pferde auch so gerne Karotten fressen. Aber Karotten darf man denen nicht aus der Hand geben. Sonst fressen sie demnächst auch den Stock auf, wenn man das erst mal anfängt.

Ich entscheide mich vorerst für die Raubtierposition auf dem Rücken meines Pferdes. Ich habe ja auch diesen Karottenstock noch nicht. Aber vorher muss ich meine „Babys“ unbedingt noch waschen. Das habe ich letzte Woche beim Pferdeprofi gesehen, dass man das so macht. Ich will schließlich auch durch das Dorf reiten, da können die unmöglich so dreckig aussehen und nach Pferd riechen. Ich greife mir also das Shampoo für sensible Haut mit Mandelölextrakt und Anti-Schuppen-Funktion, das was, nach Pfirsich duftet, so schön schäumt und auch nicht brennt in den Augen. Ihr wisst schon… Aber das ist ja eigentlich nicht natürlich? Ich entscheide mich doch dagegen und greife statt dessen lieber zu Schimmelweißer, Fellglanz- und Mähnenspray!

Ich sattle also meinen Santano, nehme Kolja am Knotenhalfter und Rope mit als Handpferd. Die beiden können nicht alleine bleiben, daher muss ich jetzt immer mit denen zusammen ausreiten. Ich will ja schließlich nicht auf das Ausreiten verzichten und ich sehe das auch ein, dass Pferde ja Herdentiere sind und deshalb nicht alleine unterwegs sein mögen. Ich habe mich ja auch heute für das Raubtierdasein entschieden und dann brauchen die unbedingt ein anderes Pferd zur seelischen Unterstützung, um das durchzustehen. Wagemutig begebe ich mich über die Straße. Vorher machen wir noch ein kleines Join-up auf der Auffahrt – sicher ist sicher.

Nach dem ich meine Ponys mit zahlreichen Touches und „kriechender Tiger“-Griffen auf ihre bevorstehende Aufgabe vorbereitet habe, schwinge ich mich in den Sattel – und „schnapp“ machen die Zähne bevor sie kurz über Santanos Genick zusammenklappen. „Ruhig brauner, ganz ruhig“, flüstere ich Santano kurz ins Ohr. Pferdeflüstern soll man ja machen, dazu habe ich letztens erst wieder einen Bericht gelesen. Er bleibt stehen. Wow, der Bericht hatte also wirklich recht, flüstern hilft! Müsste er nicht jetzt eigentlich die Flucht ergreifen? Oder wartet er bis Herdenchef Kolja den Anfang macht? Ich bin verwirrt.

Wir legen Kilometer um Kilometer zurück. Maisernte. Riesige pferdefressende Monster bewegen sich links und rechts des Feldweges. Das hat mir gerade noch gefehlt. Dabei habe ich das doch noch gegoogelt und gelesen, dass die meisten Bauern ihre Ernte längst abgeschlossen haben und man jetzt wieder ausreiten gehen kann. Wochenlang haben wir nur die Reitbahn gehütet. Man kann sich aber auch auf gar nichts mehr verlassen. Ich denke, jetzt ist der richtige Zeitpunkt um meine zusammenklappbare Kandarre aus der Tasche zu holen. Irgendwo muss man sich schließlich dran festhalten, wenn der erst mal so richtig flüchtet. Um Kolja brauche ich mir ja keine Sorgen machen. Er trägt ja das Knotenhalfter. Ich wünschte, ich hätte auch eines gekauft, als seine Pflegebeteiligung damals damit ankam. Die Monster rauschen vorbei und was passiert? Nichts? Ich schüttele den Kopf über diese göttliche Fügung und kann mein Glück kaum fassen. Ich fange an zu atmen. Meine Gesicht hatte schon eine bläuliche Farbe angenommen.

Die nächste halbe Std. begegnen wir niemandem. Ich entspanne mich ein bisschen. Oh nein, hat Santano geguckt? Was passiert jetzt? Und jetzt will er fressen? Fressen ist ja natürlich, Pferde müssen fressen und er läuft ja auch schon eine halbe Std. Da ist er bestimmt hungrig. Was hat das Ohrenwackeln von Kolja denn jetzt wieder zu bedeuten. Warum hat mein Trainer mich da nicht vorgewarnt, dass die sowas machen? Damit rechnet doch keiner. Wie soll ich mich denn jetzt als Herdenchef verhalten? Dazu hat in dem letzten Kurs niemand etwas erzählt. Da muss ich unbedingt gleich zu Hause im Forum nachlesen.

Während meine Gedanken noch so kreisen, landen wir an einer Kreuzung. Ich halte. Wir müssen eine Bundesstraße überqueren. Ich muss lebensmüde geworden sein. Neben uns hält ein Krankenwagen mit Blaulicht. So ein Mist, ich schaffe es nicht mehr, die Kandarre aufzuklappen und einzuschnallen. „Ruhig, ho, braves Pferd, das machst du super. Priiimaaa!“ Ich schicke ein flüchtiges Stoßgebet zum Himmel. Amen. Oh nein. Jetzt wendet er den Kopf zur Seite und guckt. Er flüchtet bestimmt gleich, er ist ein Pferd. Das ist natürlich. Dafür habe ich Verständnis. Ich will weg von hier. Aber warum bleibt er denn jetzt stehen und wendet desinteressiert seinen Kopf wieder ab? Der Krankenwagen fährt los, an uns vorbei. Santano schnauft zufrieden und wartet, bis die Straße frei ist. Wir überqueren die Straße und ich verstehe die Welt nicht mehr. Was macht man denn in so einem Fall? Ihr müsst mir helfen. Meine Ponys sind nicht mehr sie selbst. Sie verhalten sich gar nicht mehr wie Pferde. Das ist doch nicht mehr normal. Es ist einfach nicht natürlich und dabei habe ich doch jetzt schon dieses Knotenhalfter angezogen. Ich mache mir schreckliche Sorgen. Was ist nur los mit Ihnen? Könnt ihr mir helfen?

Zu Hause angekommen, steige ich ab. Ich gehe zwischen die beiden Ponys, achte dabei sehr darauf, dass sie den Disziplinarabstand zu mir einhalten und mich ja nicht berühren und greife Santanos Zügel und Koljas Rope. Kolja nimmt den Kopf herum und berührt Santano sanft an der Schulter. So ein Mist, ja! Das hatte ich ja ganz vergessen. Er will natürlich auch links gehen. Man soll Pferde ja von links führen, das habe ich in einem Abzeichen gelernt. Ich bin aber auch ein Unchef, dass ich daran nicht gleich gedacht habe. Ich lasse ihm den Rope länger, renke meinen Arm zur Seite, ignoriere meinen schmerzenden Rücken und beuge mich nach links, so dass beide Pferde am losen Seil Platz auf dieser Seite finden.

Im Stall bekommen sie erst mal ihr Naturmüsli mit extra viel Glukenextrat, Maisgenexponat und Hydrofluoridkarbonat. Dazu gibt es Mineralfutter, Zink, Biotin, Heukobs, Masch, Maiskolben, Minimöhrchen (damit sie nicht so viel Kauen müssen) und einen Schuss von diesem Öl mit Promexyl-2-Methopropyl-Fettsäuren.

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Nicht mein Tag

Dringend gesucht: Schokospenden!

Mein persönlicher Heimweg-High-Score wurde heute geknackt: 4 Std.!!!

Am Morgen gab es einige dunkle Unwetter, die von Norden über mich hinweg zogen, in Form eines beschissenen Tages im Büro. Donnergrollen hallte aus dem Telefon und Blitzte zuckten über den Computerbildschirm. Ich beschimpfte ein paar mal meine Maus als „du Ratte“ und versuchte einen hinterhältigen Morchelmord durch Erschlagen – zähes Biest, es hat überlebt, nicht mal schwer verletzt.

Mittags heiterte sich der Himmel kurz auf, die Wolken lichteten sich und nahmen die Gestalt einer Bruschetta-Pizza an, die ich in netter Gesellschaft einer lieben Kollegin genüsslich verspeiste.

Nachmittags dann die erste Orkanwarnung. Der Wind frischte auf und heulte in Form von Remindern, „freundlichen Erinnerungen“ – die es auch nicht besser machen, nur weil sie ach so freundlich sind – über meinen Schreibtisch. Er hinterließ ein Chaos, dass ich kurz vor 5 zu evakuieren anfing.

Oberleitungsschaden. Ich liebe volle S-Bahnen mit liebreizenden, völlig genervten Menschen, in denen man fast erstickt. Das Wetter schwang um: 30 Grad, stickige Luft. Und bloß die Tür an jeder Halstestelle schnell zu machen, damit der Klimawandel auf Rädern auch hält.

In Pinneberg dann der Supergau: Menschenmassen, denen von Stunde zu Stunde mit weiteren Verspätungsmeldungen und Ausfällen ihr Tag verhagelt wird, bis sich ganze Schneewehen an Reisenden anhäufen. Die Strefahrzeuge kamen nicht mehr durch.

Ich lehne das Angebot des freundlichen Herren ab, der mich nach Tornesch fahren will, denn aus seinem lächelnden Mund hängt an einem klitzekleinen Flaggenmast die Alkoholfahne und weht heftig im Wind.

Also begebe ich mich zur abendlichen Kaffeefahrt mit dem heiß geliebten Buss nach Uetersen – so eine Fahrt über die Dörfer. Schön ist das! Am Zielort angekommen muss ich nur 35 Minuten auf den Buss nach Tornesch warten – das ist ja nichts. Ein netter Junge nennt mir alle paar Minuten – gefühlte Stunden sind in zwischen vergangen – mit einem leichten Augenrollen die neue Uhrzeit, denn mein Handyakku ist mitlerweile den eisigen Temperaturen erlegen.

Auf der Fahrt von Uetersen nach Tornesch wird mir zum ersten Mal klar, wie groß diese Stadt eigentlich ist. Dicher Nebel legt sich über meinen Abend.

Am Bahnhof angekommen haste ich auf die andere Seite und suche mein Auto. Dass ich dabei mit dem Absatz in diesen komischen Rasengittern hängen bleibe und mir dabei den Fuß umknicke, ist kaum eine Erwähnung wert.

Zu Hause angekommen heult der Wind um die Ecken – oh nein es ist mein Kater. Vorwurfsvoll schaut er an mir hoch und bedenkt mich mit einem verächtlichen Blick. Ich entschuldige mich in aller Form bei ihm und gebe zu, dass ich den Biber, der diesen jämmerlichen Baum angenagt und auf die Oberleitung der Bahn katapultiert hat, selbst beauftragt habe. Ich bemittleide ihn, dass er die ganze Zeit im windgeschützten, trockenen Schuppen auf seinem warmen Strohbett neben seiner vollen Futterschüssel lag und nehme den Status der „Rabenkatzenmutter“ sofort schuldbewusst entgegen, um ihm gleich darauf den Vortritt in mein kaltes, unaufgeräumtes Wohnzimmer zu lassen.

Zu allem Überfluss stellte sich die Suche nach überlebenden Schokoladenstücken als totaler Flopp heraus.

Jetzt habe ich auch noch eine Anzeige von Günther am Hals, der mich der Schweinehundquälerei bezichtigt. Er sei schon seit Wochen nicht mehr artgerecht ernährt worden. Ständig mache ich einen großen Bogen mit ihm um die Naschiregale. Dazu kommt noch der ständige Stress durch Bewegung und Sport. Günther versucht gerade ärztlich das nahende Schweinehund-Burn-Out nachzuweisen. Dann bin ich echt geliefert. Daher kocht gerade die Milch auf meinem Herd. Kakao ist ja wohl besser als gar keine Schokolade…

Zwischen Tastatur und Bauch schiebt sich jetzt auch der Kater und ist bereit, sich durch Streicheleinheiten die Vergebung herauskraulen zu lassen. Die Chance muss ich beim Schopfe packen … und ach ja: die Milch.

Veröffentlicht unter 7) Oktober 2012 | Kommentar hinterlassen

Mythos Mensch: Kapitel 5 „Eine Welt voller Farben“

Hamburg. Europapassage. Meine Freundin und ich suchen nach einem Kleid – keine leichte Aufgabe bei den ganzen verschiedenen Formen und Schnitten. Ein bisschen hilflos wühlen wir uns durch die zahlreichen Kleiderständer und begutachten die unterschiedlichen Varianten. Doch was ist DAS? Mit gerümpfter Nase ziehe ich ein blass-rot bis blass-rosanes Exemplar heraus und halte es mir an den Körper. Flachsend frage ich sie: „Wie wäre es denn mit dem hier! Lachsfarbend, schick oder?“ Dämlich grinsend stehe ich mit dem Kleid in der Boutique. Meine Freundin atmet einmal tief durch und bedenkt mich eines mitleidigen Blickes: „Das ist nicht Lachs, das ist Koralle!“

Mein Erlebnis beim Einkaufen gibt mir Anlass zur weiteren Recherche. Als ich wieder zu Hause ankomme, rufe ich die Homepage eines berühmten Versandhauses auf und wühle mich durch sie Seiten. Koralle gibt es wirklich. Man lernt aber auch wirklich nie aus. Für einen klitzekleinen Moment liebäugel ich mit einer telefonischen Bestellung und mahle mir das Gespräch aus:

„Wie kann ich Ihnen helfen?“ fragt eine freundliche Stimme durch das Telefon.

„Ich würde gerne einen Pullover bestellen!“
„Gerne, haben Sie die Bestellnummer?“
Sicher, ich gebe daraufhin die Nummer durch
„Gerne, welche Größe haben Sie?“
„38“
„Gut, welche Farbe darf es denn sein?“
„Welche Farben haben Sie denn?“
„Wollweiß, Olive, Brombeere…“
„Brombeere?“
„Ja, Brombeere!“ erklärt die Verkäuferin freundlich.
„Aber ich möchte den Pulli anziehen und nicht essen!“
Geduldig fährt sie fort: „Brombeere ist ein Farbton, ein dunkelrot/dunkellila/dunkelpink-Gemisch. Ungefähr die Farbe wie die Beere!“
„Ok“
„Dann hätten wir noch Grau-meliert, Bordeaux…“
„Bordeaux ist doch ein Wein!“
Die Verkäuferin stößt hart die Luft aus: „Ja, und ein Farbton, ein dunkles Rot. Weinrot sozusagen!“
„Ok, was haben Sie noch“
„Rost…“
„Rost ist doch keine Farbe!!!“
Ich höre die Verkäuferin tief durchatmen. Sie stellt sich auf ein längeres Gespräch ein. „Doch ist es“, antwortet die Verkäuferin bestimmt.
„Wie soll das denn aussehen?“
„Na ja, es ist ein Braunton, etwas braunrötlich“
„Nein, Rost möchte ich nicht, welche Farben haben Sie sonst noch“
Seufzend fährt die Verkäuferin fort: „Khaki…“
„Was ist das denn für eine Farbe?“
Ich höre die nette Verkäuferin am Telefon aufstöhnen: „ Das ist dunkelgrau-/braun“
„Aha, nein das möchte ich auch nicht, das ist so düster“
Für einen kurzen Moment herrscht Schweigen in der Leitung, bis die mittlerweile nicht ganz so freundlich klingende Stimme fortfährt.
„Ok, dann hätten wir noch Türkis…“
Ja, das sagt mir etwas.
„..und Koralle.“, schließt die Verkäuferin die Aufzählung erleichtert ab.
„Koralle?“
Jetzt klingt die Stimme schon leicht verärgert: „Ja, das ist ein…“
„Also hören Sie mal. Ich weiß doch was Koralle ist.“
„Ok, welche Farbe hätten Sie denn jetzt gerne?“, fragt die gute Frau, stark bemüht Ruhe zu bewahren.
„Ich habe mich nur gefragt, ob Sie den Pulli nicht auch in Hummer da haben?“

Ich frage mich, was die Kinder von ihren Müttern in ein paar Jahren auf dem Spielplatz lernen werden: „Schau mal, Mäuschen, was ist denn das für eine Farbe?“ „Das ist blau“ „Ja, meine Süße, aber ist es azur, petrol, rauchblau oder marine?“

Erstaunlich, was wir so alles an unseren Körpern tragen: Das Shirt meiner Kollegin ist nicht einfach nur pink, sondern fuchsie, das Kleid meiner Freundin ist nicht lila, sondern aubergine und ihre Tochter trägt ein fliederfarbenes Jäckchen – ja und diese Zeilen… Diese Schrit, die ist nicht schwarz, sondern noir? Das dürfte doch wohl jetzt klar sein, oder?

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Mythos Mensch: Kapitel 4 „Krieg der Ohren“

Der Filmklassiker „Krieg der Sterne“ erlebt heute sein Revival. Willkommen bei „Krieg der Ohren“ 2012 in der ersten Auflage. Wir dürfen einen spannenden Fight erwarten. Beide Gegner sind echte Kämpfernaturen und werden ihr Bestes geben um die Schiedsrichterinnen zu überzeugen und den Sieg mit nach Hause zu nehmen. Aber setzen Sie sich doch dazu, nehmen Sie sich ihre Baldriantropfen zur Hand und schauen Sie sich diesen spannenden Kampf selbst an.

…..

Ladies and Gentlemen, meine Damen und Herren. Ich begrüße sie zu dem Kampf des Jahres auf der Freilichtbühne im Stadtpark. Bitte lassen Sie uns willkommen heißen: In der einen Ecke der Verteidiger Mr. Rea Garvey, in der anderen Ecke der Herausforderer, ein sehr kommentarfreudiger Konzertbesucher – nennen wir ihn im folgenden nur Mr. K.. Als Schiedsrichterinnen heißen wir heute willkommen … meine Mum und mich!

Szene 1

Ich stehe mit meiner Mum in der Menschenmasse ziemlich weit oben, rechtsseitig der Bühne. Ein Blick zu dem wolkenverhangenen Himmel verheißt nichts Gutes. Aber: das Wetter hält, die Frisur sitzt. Wir unterhalten uns gerade friedlich, da kommt auch schon Mr. K. und macht sich warm: ein leichtes Stimmbänderkräftigungs- und –dehnungsprogramm für unsere Ohren. Versucht er etwa die Schiedsrichterinnen zu beeinflussen und sich einen persönlichen Vorteil zu verschaffen? Wir wollen nicht in Verruf geraten, wenden uns ab und kehren Mr. K. den Rücken – NICHT mit Mr. K. Er hebt die Stimme, bis wir nicht mehr daran vorbeihören können: „und gesundheitlich hatte ich auch schon wieder Probleme! Stell‘ dir mal vor!…“Interessant, wirklich fesselnd. NEIN, wir dürfen und wollen unsere guten Namen nicht in Verruf bringen und ignorieren ihn sehr diszipliniert. Mr. K. hat wohl Angst, sich schon im Voraus zu verausgaben. Er gibt schließlich auf und verlässt für kurze Zeit seinen Standort. Vielleicht kurze Lagebesprechung mit seinem Trainer? Oder sind es doch Bratwurst und Bier, was lockt? So eine Stimme muss natürlich auch geölt werden. Mr. K. ist eben ein Profi, der weiß, was er tut. Wir genießen die vorübergehende Ruhe vor dem Sturm.

Szene 2

Vorsänger – oder wie heißt das, wenn die Vorband nur aus einer Person besteht? Mr. K. kann sich kaum noch zügeln. Wir sind wieder beim Thema Gesundheit – Sie erinnern sich, verehrtes Publikum?

„…und dann war da noch mein Bein…“

„…so beautiful…“

„…eine riesige Schwellung…“

„… there’s not a thing that I would change…“

“…gefüllt mit Wasser…”

“… amazing…”

“…Wassereinlagerungen…“

„…just the way you are…“

Der Sänger gibt schnell auf. Er fühlt sich Mr. K. nicht gewachsen und tritt enttäuscht den Rückzug an. Dieser wächst gleich sichtbar um mehrere Zentimeter und zwinkert mir mit einem triumphierenden Lächeln zu. Mir persönlich tut der Sänger leid, aber hier gilt es nur die Leistung zu bewerten, also steht es jetzt 1:0 für Mr. K.

Szene 3

 Runde 1

Mr. Rea Garvey betritt die Bühne. Die Menge tobt. Mr. K. wirkt einen klitzekleinen Moment verunsichert. Er fängt sich allerdings gleich wieder und mit seiner Ruhe kehrt auch sein strotzendes Selbstbewusstsein, seine Allwissenheit und seine Redseligkeit zurück. Gut, den Notarzt können wir uns sparen. Für einen winzigen Moment machte ich mir Sorgen um Mr. K., dachte ich, es stimmt etwas nicht mit ihm oder er fühle sich nicht gut. Zurück zum Thema Gesundheit.

Rea verteilt den ersten Schlag, eine kräftige Dreierkombination: „I wanna stand up, take a bow. Sit down and work it out. I’m the last person in this world….”

Mr. K. kontert mit einem “…den das interessiert. Es ist ja schon schwer genug, einen guten Arzt zu finden, aber so etwas ist doch ein ernst zu nehmendes Problem…“

„…I can’t stand the silence… Anymore…”

Ich erlaube mir einen kurze Besprechung mit meiner Co-Shiedsrichterin: Welche Silence?

Mr. K. halt es auch nicht mehr aus und holt zum Konter aus: „Und was ist mit dir? Hast du deine Probleme mittlerweile im Griff?…“

Ein fauchendes „Schscht“ von links, irritiert Mr. K. für kurze Zeit. Da ertönt auch schon die Klingel. Runde 1 geht an Rea.

Runde 2

Und wir befinden uns mitten im Geschehen.

Von links ein: „What is life, a life without colors…“

Ins rechte Ohr dröhnt es: “…und dann wurde das blau, DAS sag ich dir, richtig dick und blau…“.

Mr. K. behält seine Taktik bei, Thema Gesundheit – falls es jemandem entgangen ist.

„…you would close your eyes…“

lieber nicht, lieber nicht, sonst holt Mr. K. zum …

Und da ist es auch schon passiert: „Ey, ey, guck mal. Da kommt jemand mit einem Rucksack. Was ist da drin? Weißwein? Wer will den schon Weißwein. EY HAST DU AUCH BIER?“ dröhnt mein rechtes Ohr, armes Trommelfell, armer Rea, denn diese Runde geht eindeutig an Mr. K.

Runde 3

„…und wie gefällt dir dein Job jetzt?…“, richtig Mr. K.

Er hat die Strategie gewechselt. Wir sind beim Thema Arbeit.

„…I am the one who gave you words when you had nothing to say…”

Ich persönlich glaube nicht, dass das so schnell passieren wird, oder Mr. K.?

„…also kein Vergleich mit der alten Firma?“

P.S. ich lag richtig!

„… I am the one who picked you up and kept you close by my side…”

Ich glaube noch ist Mr. K. nicht am Boden.

„…das freut mich, das freut mich mein Junge, dann hat sich das ja gelohnt!“

„…You say you’re standing still, I see you run…“

Leider nicht Rea, Mr. K. ist immer noch da. Aber dann, ertönt die Klingel. Unentschieden.

Runde 4

„… muss der so viel reden?“, vermeldet mein rechtes Ohr von Seiten Mr. Kays.

Ich blicke mich um, fassungslos starre ich in sein grinsendes Gesicht.

Eigentor. 2:1 für Rea.

Runde 5

Von links „…If I was to tell my child…”

Rechts: “…Kälte und Klima, Kälte und Klima…“

Und wieder links:  „…Tell her what I think is right…“

Rechts gibt nicht auf: „…Aber ich sag dir doch: Kälte und Klima… Habe ich es dir nicht gesagt…?

Ein heftiger Hieb von Links: „…Where do I start with her? Where will I find the words?…”

Rechts lässt nicht locker: „…DAS ist heutzutage wichtig…”

Unentschieden.

Runde 6

„..cause we all need a safe place to hide…“

Mr K. verkündet laut: “Ich muss mal wohin, Bier wegbringen. Bin gleich wieder da!“

Lass dir ruhig Zeit. Die Schiedsrichterinnen, also wir, merken, wie seine Ausdauer nachlässt.

3:1 für Rea.

Runde 7

Mein rechtes Ohr vermeldet nervöse Schwingungen. Mr. K. ist zurück.

„…DAS war ja was. Ihr könnt euch nicht vorstellen, was mir dort passiert ist…“

Mein rechts Ohr vermeldet leichte Störungen im Empfang.

„…neben der Toilette…“

Aussetzer des rechten Ohrs

„…tatsächlich war da…“

Bitte nicht!

Nach einer kurzen Beratung mit meiner Co-Schiedsrichterin sind meine Mum uns einig: Jetzt reicht’s. Der Kampf wird abgebrochen. Die rote Karte für Mr. K. Er ist für den Rest der Saison gesperrt.

Diese Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit.

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